
Morgens um 5 kriechen zwei Maulwürfe nach einer fast schlaflosen Nacht aus dem Bus. Mit der ersten Hochbahn geht es ins Zentrum, grobes Ziel China Town. Die gesuchte Straße ist eigentlich kaum zu verfehlen, aber halt nur eigentlich. Endlich haben wir eine Bleibe für die nächsten Tage gefunden und können zu unserer Stadterkundung ausschwärmen. Die wesentlichen Attraktionen der Stadt sind an einem Tag mit ein Wenig Übung fußläufig kombinierbar. Die einzige wirkliche Sehenswürdigkeit sind meiner Meinung die Petronastower und der zugehörige KLCC Park. Daher haben wir diese auch direkt drei Mal besucht. Beim ersten Besuch war schlechtes Wetter, daher mussten wir bei Sonne nochmals hin und die Nachtaufnahmen sollen ja auch nicht in der Vergessenheit versinken.
Für Touristen ist Chinatown der Hauptanlaufspunkt, da dort erschwingliche Unterkünfte geboten werden. Dieser Discount wird durch die Hinnahme einer ständigen Grundunruhe und einem Mix seltsamer Gerüche erkauft. Es kam nicht selten vor, dass ich um 6:00 Uhr morgens vom Geruch scharf angebratener Knoblauchzehen geweckt wurde, oder der liebliche „Duft“ der hier tonnenweise verschlungenen Durian Frucht durch das Zimmerfenster zog. Für alle, die noch nicht in Südostasien unterwegs waren, das Früchtchen riecht in etwa wie die überfahrenen Hunde in Rumänien. Der Geschmack der Frucht ist ok, der Nachteil ist jedoch, dass nach ca. 2 Stunden der vertraute Geruch auch von Mund und Rachen ausgeht. Eines ist sicher, in die Disco braucht man nach dem Genuss dieser Flirtkiller nicht mehr zu gehen. Ich empfehle präventiv eine Quarantänezeit von einer Woche.
Am Abend des ersten Tages beschließen Marcel und ich, inspiriert von Marc und Phillip, die wir auf den Perhentians getroffen haben, nochmals zu den Petronastowers zu fahren. In der U-Bahn Station kommen sie uns dann auch schon entgegen. Ein weiteres Indiz für die minimale Größe der Stadt war, dass wir mitten im Chinatown über Eveline und Bastian stolpern. Für alle die bei den ganzen Namen den roten Faden haben fallen lassen, das sind die zwei Holländer, die ich vor 10 Wochen in Hong Kong getroffen habe. Wir hatten uns eigentlich erst für den Abend verabredet, konnten aber so schon mal die ersten Formalitäten austauschen. Es wurde ein schöner Deutsch – Holländischer Friedensgipfel, auf dem lange getagt wurde. Die beiden amerikanischen Schlichter, die in die Runde entsandt wurden, hatten an diesem Abend einen leichten Job.
Dann war er gekommen, nach 3 Wochen trennen sich die Wege von Marcel und mit wieder. Für ihn geht es nach Düsseldorf, für mich nach Singapur. Ich kann seine Richtungswahl eigentlich nicht so recht verstehen. Mit dem Bus ist die Strecke zwischen den zwei südasiatischen Metropolen in ca. 5 Stunden zu überbrücken. Das schöne, die Strecke führt ohne Unterbrechung nur durchs Grüne. Was weniger ansehnlich daran ist, dass der ursprüngliche Wald auf der kompletten Strecke durch Palmenplantagen ersetzt wurde. Ich habe schon riesige Monokulturen gesehen, aber diese schlägt alle Rekorde. Die Damen der Westlichen Welt können es den Malayen danken, da das hier produzierte Palmöl für Cremes und Kosmetika verwendet wird. Ein nicht vorhandenes ökonomisches und noch weniger ökologisches Denken, hat die Plantagen aus Gier immer weiter wachsen lassen. Dann kam die Überraschung, durch das Überangebot ist der Preis verfallen und weg war er wieder der höhere Gewinn. Aber ok, diese Überraschung haben ja viele schon erlebt.
Mit Marc und Phillip, ja auch hier habe ich die Beiden nochmal wieder getroffen arbeite ich in einem enormen Gewaltmarsch die Hauptattraktionen von Singapur ab. Am eindrucksvollsten ist dabei die Marina Bay, an der sich wie auf einem riesen Schachbrett auf der einen Seite ein gigantisches Hotel mit Shoppingmall und auf der anderen Seite die Skyline des Financial Distrikt gegenüberstehen. Beides ist unglaublich imposant und sehr ansehnlich, wenn sich die Sonne mal wieder hinter den Horizont schiebt. Am Hotel findet täglich nach Sonnenuntergang eine gigantische Licht und Ton Show statt. Überall sitzen die einheimischen und löffeln ihr mitgebrachtes Abendessen aus den namenhaften Plastikdosen, deren Praktische Handhabung auf diversen Partys zur Schau gestellt wird. Danach zieht sich jeder wieder in seine eigenen vier Wände zurück, wenn man das bei den Wohnsilos hier überhaupt so sagen kann. Die Wohnhäuser allein könnten mit der Skyline von Manhattan konkurrieren. 40-50 Etagen mit unzähligen Wohnungen. Das ganze ruft immer wieder Bilder aus dem Buch 1984 von George Orwell auf meine innere Leinwand. Verstärkt wird das Ganze noch durch die vielen Kameras, die alles überwachen und die diversen Hinweisschilder, mit welchem Preis welche Handlung zu vergüten ist.
Nach vier Tagen Beton, sehne ich mich mal wieder nach etwas Natur. Der Motorsägen gebeutelte Urwald Borneos steht auf dem Programm. Schon beim Anflug sieht man die riesigen gerodeten kahlen Flächen. Es tut mir in der Seele weh. Ich hatte manchmal beim Aufreißen meiner Post das Gefühl, dass diese Naturschutzorganisation mit dem kleinen Panda kräftig auf die Tränendrüsen einwirken will um etwas mehr Spendengelder zu erlösen, aber die nächsten Tage verdeutlichen mir, dass das Ganze leider sehr Realitätsnah ist. Auch wenn sie noch nie zu einer Familienfeier eingeladen waren, sind die hier lebenden Affen unsere nächsten Verwandten. In manchen Gegenden sind die Waldstücke so klein geworden, dass die dort lebenden Affen schon gefüttert werden müssen, weil sie teilweise nicht mehr genug Futter finden. Ich finde das alarmierend, aber schon bei der nächsten Wanderung im Nationalpark höre ich sie wieder, die Zerstörungswut mit geölter Kette. Ich will hoffen, dass es sich dabei nur um eine harmlose Arbeit handelte, weil sich mir der Sinn eines solchen Parks sonst nicht erschließen will. Das was an Natur und Tieren noch vorhanden ist, ist jedoch unheimlich beeindruckend und schön. Also Leute, schnell nochmal hin. Das ist wie beim Schlussverkauf, first come, first serve.
Nach einer Übernachtung in Singapur geht es weiter nach Bintan Island in Indonesien. Das ganze wurde mir als sehr schön angepriesen und bevor ich noch 4 Tage in Singapur verbringe, genieße ich lieber noch die dortigen Strände. Ich buche mir also eines der spott billigen Fährtickets und schon kann es losgehen. Durch das gemütliche Schaukeln auf der Fähre werde ich treffsicher in den Schlaf gewiegt. Nach 50 Minuten ist es erreicht, das Ziel. Welcome to Bintan Resorts steht auf einem Schild. Das klingt irgendwie anders als ich mir das vorgestellt habe. Was die Reisebiebel und die vorherigen Berichterstatter verschwiegen haben, will ich im Folgenden detailliert darstellen. Schnell stellt sich heraus, dass die Insel quasi zwei Welten beherbergt. Der komplett abgeschirmte Norden, wo Indonesier nur zum Arbeiten eintreten dürfen und in dem sich ein Resort für die Zahlungskräftigen Touristen an das nächste reiht. Und der Rest der Insel, wo die Menschen in Einfachheit Leben und ihren Unterhalt mit Raubbau an der Natur, Drogenanbau und Prostitution verdienen. Glücklicherweise hatte ich mich schon für eine Unterkunft im spannenderen Teil der Insel entschieden, nur wie komme ich da hin? Die 80 Kilometer sind bei der hereinbrechenden Dunkelheit ein geringfügig störendes Detail. Dazu kommt, dass die Touristen ja ordentlich Geld lassen sollen und daher um Umkreis einiger Kilometer auch kein Bus aufzutreiben ist. Erschwerend kommt hinzu, dass mir ein Indonesischer Taxifahrer auf der Pelle hängt, als wenn ich magnetisch wäre. Er bietet mir seine Fahrdienstleistung für rund 45 € an. Ein stolzer Preis, verglichen mit dem Preisniveau im Land. Es muss also ein Plan her, ich gehe zur Mietwagenstation und erkundige mich, was das Mieten eines Mopeds kostet. Da er wieder hinter mir hergedackelt ist, bekommt er das natürlich auch mit und bietet mir an, dass ich das Moped bei ihm mieten kann. Bei der Mietwagengesellschaft gab es ohnehin nur überteuerte Angebote und so langsam gehen mir die Ideen aus. Mir ist klar, dass er mich erst mal von den Mitbewerbern isolieren will. Also der Mopedverleih ist 3 Kilometer entfernt und er will mich sogar gratis hin fahren. Ok, zur Not laufe ich das halt wieder zurück. Am vermeintlichen Mopedverleih geht dann die Diskussion erst richtig los. Die Fahr wäre doch viel zu gefährlich für mich, es wird gleich dunkel, ich hätte doch keine Ahnung wo ich hin muss, tri tra trullala… . Jedwede Kontaktaufnahme zu Busfahrern oder einheimischen stört er direkt, da er mich nie allein lässt und direkt irgendetwas auf Indonesisch sagt. Ich bin erst ein paar Minuten gelaufen, aber mein Puls pocht wie nach einem Marathon. Ich habe längst eingesehen, dass dieser Kampf hoffnungslos ist und ich nur noch über die Höhe des Preises verhandeln kann. Zu diesem Zweck brauche ich einen Rollentausch, der Typ muss sich über mich so ärgern wie ich mich über ihn ärger. Ich gehe also in die Offensive, beschimpfe ihn vor in der Nähe stehender Polizei als Lügner, unehrenhaft usw. Ohne das ganze weiter in die Länge ziehen zu wollen, ich bin für 15 € in die Stadt gekommen.
Kurz durchatmen, wenn ihr gedacht habt, es wäre geschafft, noch lange nicht. Die von mir gewählte Unterkunft operiert schon seit 1972 in der Mission Glückseligkeit. Meine gewissenhafte Recherche hat ein weiteres Vorbestehen dieser Unterkunft als Ergebnis offeriert. Jetzt kommen wir also gegen 20 Uhr in einem Hafenstädtchen an. Die Straße heißt ähnlich, aber halt nicht so wie sie sollte. Der Taxifahrer steigt aus und das Theater zeigt nun den dritten Akt mit Höhepunkt und allem was wir so in der Schule gelernt haben. „Was? Der Laden war doch bis vor kurzem noch hier?“ Ja klar, und der Kaiser von China hat ihn selbst umgezogen. Schon hält ein Motorrad neben mir. Was wir denn Suchen würden. Ne also den Laden gibt es schon seit Jahren nicht mehr, er könnte mir aber zeigen wo das war, wir müssten dafür nur kurz in die neben mir liegende Gasse abbiegen. Genau Leute, soll ich mir dann selbst den Knüppel gegen die Birne schlagen, oder macht ihr das wenigstens selbst? Ich mache mich aus dem Staub und sage den Beiden mehr als deutlich, dass sie es nicht wagen sollen mir weiter zu folgen. Nachdem man mir auch in der Angrenzenden Apotheke nicht weiterhelfen kann, wage ich mich wieder auf die Straße, wo der Schnulli mit dem Moped immer noch wartet und über mich spottet, ob ich jetzt endlich ihm vertraue, oder ob ich vorher die ganze Stadt fragen will. Das Ganze ist mir zu blöd und ich mach mich auf die Suche nach einer Alternative. Erste Unterkunft, ca. 100 Zimmer, alle Standartzimmer sind ausgebucht, nur noch die neu renovierten Deluxezimmer sind frei. Na gut, bei 8 € die Nacht will ich da mal nicht so sein und werfe einen Blick in dieses Luxusteilchen. Mich traf fast der Schlag, vor der Zimmertür saßen um einen Tisch herum 3 Prostituierte, die direkt etwas gegen meine Einsamkeit tun wollten. Im Zimmer erwartete mich der Anblick riesiger Schimmelflecken und ein Bett, dass sicher Schon im Stall in Bethlehem stand. Die letzten einsamen Seelen hatten auch ordentlich Spuren hinterlassen. Das Bad war jedoch noch unterhaltsamer. Frei nach dem Motto, weniger ist mehr, stad dort nur ein ursprünglich weißer, nun komplett von innen und außen grünbrauner Thron. Es gab weder eine Spülung, noch ein Waschbecken und den Duschkopf habe ich auch vergeblich gesucht. Als all-in-one Lösung stand ein Eimer mit Kelle da. Also nächster Versuch, das Hotelwollte schon 12 € für eine Nacht haben, aber dafür gab es wenigstens einen Duschkopf und die Prostituierten waren nur noch vor dem Hotel und nicht drinnen. Alle guten Dinge waren in diesem Falle wesentlich mehr als drei, aber ich bin fündig geworden.
Nach 10 Wochen in Asien ist es nun so weit. Es geht weiter nach Australien. Es ist schon ein tolles Gefühl, anfangs hatte ich zwei Flughäfen ausgewählt und das Ziel war in der vorgegebenen Zeit die Distanz zu meistern und dabei fleißig Impressionen zu sammeln. Der vorher leere Zwischenraum hat sich mit einer wunderbaren Zeit gefüllt. Auf geht es zu neuen Erlebnissen.
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