
Vor ein paar Jahren wurde in Gelsenkirchen der Zoo komplett neu gestaltet und es entstand die Zoom Erlebniswelt. Als Vorbild diente der Zoo in San Diego. Ein taktischer Fehler der Planer, ich meine sie hätten besser nach Costa Rica reisen sollen. Das Land ist wie ein Zoo, in dem jedoch glücklicherweise die Zäune komplett fehlen. Alles beginnt am Grenzübergang Sixtaola, wo die Menschen geduldig Schlange stehen, um ihr Ticket ins Paradies zu lösen. Für läppische 2 Dollar gibt es den nächsten Stempel in meine Reisedauerkarte. Die erste Station ist Puerto Viejo, wo ich mal wieder in einer Hängematte vom Rauschen des Meeres in den Schlaf geschunkelt werde. Das Hostel ist ein einziges Kunstwerk, überall sind bunte Fliesenmosaike, dazu kommt eine echt nette Gruppe von Leuten, die mich freundlicher Weise von Panama aus hier her eskortiert haben. Schon bei der Radtour ins benachbarte Manzanillo springen mir die ersten Tierchen vor die Linse. Faultiere, Affen, Tukane und einiges mehr lassen sich blicken. Dazu kommen sehr schöne weiße Karibikstrände. Wie so oft, vergehen schöne Tage viel zu schnell und es geht in die Stadt, in der die Zooverwaltung angesiedelt ist. San José ist einfach nur grauenvoll. Ohne Vorbereitungsarbeiten könnte man George Orwell´s 1984 hier verfilmen. Schreckliche Kastenbauten, dreckige Straßen, Hektik, Lärm und Gestank. Ich wüsste wirklich nicht viel Gutes, was ich an diesem Ort lassen soll. Also schnell Niko einsammeln, der den weiten Weg aus Deutschland auf sich genommen hat, um sich eine Tour mit Pedalpilgerreisen zu gönnen. Schnellstmöglich geht es in den Bus nach Puerto Jimenéz, welcher direkt mal ein gutes Beispiel für die hiesige Fahrweise war, auch auf die 4 Stündige Zugabe hätten wir gern verzichtet. Wer sich zukünftig in meiner Gegenwart über Deutsche Bürokratie auslässt, dem verordne ich Akklimatisierungsmaßnahmen in diesem Örtchen an. Widme ich mich vorerst dem Missionsziel: 3 Tägiger Aufenthalt im Park, Hike zur Rangerstation mitten im Park, einen Tag dort und dann wieder auf den 18 Kilometer langen Weg, zurück in Richtung Zivilisation. Es ist schön Pläne zu haben, aber das hat in diesem Fall auch wenig gebracht. Ein Besuch in der Parkverwaltung beschert uns die Erkenntnis, dass alle Übernachtungsplätze an der Station vergeben sind und auch die Einnahmen aus dem dortigen Verköstigungsetablissement, der Parkverwaltung genügen. Die einzige Möglichkeit unser Vorhaben noch in Ansätzen umzusetzen ist ein Eintagesticket für den Park. Ok, gebt uns 10 Minuten Bedenkzeit. Diese nutzen wir für einen kleinen Spaziergang zum Flughafen, wo wir uns ein Ticket für einen Flug zur Rangerstation kaufen. Die Preise würden selbst diese Billigflugesellschaft aus Irland vor Neid erblassen lassen. Also wieder zurück zur Parkverwaltung und den Sack zu ziehen. Sack ist sicher auch die richtige Bezeichnung für die Dame die uns zuvor beraten hat. Jetzt nachdem wir stolze Besitzer eines Flugtickets sind, gibt es nicht mahl mehr diese Kurzfristaufenthaltsgenehmigungen. Das Gästebuch zeigt uns jedoch sehr deutlich, dass nur eine Person in der Zwischenzeit dort war. Die überhaupt nicht vorhandene Hilfs- und Kompromissbereitschaft von Frau Sack ließ in mir einen Hauch von Unmut aufkommen. Die Dauerberieselung meiner Argumente und Vorhaltungen perlten an ihrer Lotusbeschichtung einfach so ab und irgendwann hatte sie keine Lust mehr auf mich. „Ihr könnt ja weiter mit meiner Kollegin dort diskutieren“. Großartige Idee, aber dieser Grünschnabel hat in der Schule nicht aufgepasst und spricht kein Wort Englisch. Meine Frage, ob diese sicher 20 Jahre jüngere Mitarbeiterin ihre Chefin sei, hat gewirkt. Der Funken ist übergesprungen und die Ehrgeizflamme loderte. Und siehe da, nach kürzester Zeit stellt sich heraus, dass ein sehr zuvorkommendes Ehepaar ihre Reservierung storniert hat. Ich will mich mal etwas kürzer fassen. Also von dort ging es zur Nationalbank, bezahlen und jede Menge Papier vernichten, dann wieder zum Büro und den Zahlbeleg gegen einen anderen eintauschen und dann noch eine Unterkunft am Parkrand organisieren. Jedes Mal müssen wir quer durch den Ort trotten. Egal, das Ergebnis zählt. Um 6 Uhr fährt der Collectivo zum Flugplatz. Ein 2-2,5 Stündiger Höllenritt auf der Ladefläche eines Lasters über Stock und Stein, so wie durch Flüsse. Sich den Wecker auf 5 Uhr morgens zu stellen, war ein tolles Vorhaben, aber das Unterbewusstsein hat diese Schnapsidee verhindert. Um 5:50 Uhr klopft es an unsere Tür. Panikartig verlassen wir die lauschige Traumfabrik und sitzen just in time auf diesem Laster. Ich liebe es, wenn ein Tag so beginnt. Wenn dann noch ein unbändiger Kaffeedurst und Frühstückshunger unseres Busfahrers für eine über 30 minütige Zeitverzögerung mitten auf der Strecke führt, ist die Entspanntheit mal grad anderweitig unterwegs. Selbst einem Blinden dürfte aufgefallen sein, dass dieses sehr überschaubare Rollfeld leer ist und der Flieger weg war. Nach 20 Minuten Ratlosigkeit, sehen wir die 6-sitzige Propeller betriebene Hornisse wieder ein. Ohne irgendwelche Diskussion bekommen wir eine Privatbeförderung mit Sitzgelegenheit auf den Kopiloten Sitz geboten. „Free as a Bird“, toll wie wir da so über den schier unendlichen Wald hinweggleiten, der sich mit dem tosenden Ozean einen permanenten Kampf um Raumgewinne liefert. An Sirena Station angekommen, machen wir uns direkt daran den Rückweg zu bestreiten. Der weiche Sand und die Hitze verlangen uns auf der 7 Stündigen Wanderung einiges ab. Die Entschädigung ist traumhaft schöne Kulisse und freundliche wartende Zoobewohner in einer unberührten Umgebung. Kurz bevor der uns allen bekannte Feuerball ins Wasser gefallen ist, erreichen wir die Unterkunft für die nächsten 2 Tage. Eine unglaublich schöne Zeit und viel Entspannung, sind eine willkommene Wiedergutmachung für die Anstrengungen des Vortages. Dann geht es mit einem kleinen Boot in Richtung der Grenze zu Panama. Das Ziel ist das Kaffee und Blumenfestival in Boquete. An der Grenze erwartet uns eine riesen Schlange von Leuten. Was ebenfalls ein tolles Gefühl ist, wenn man nach 1,5 Stunden Wartezeit feststellt, dass man sich in der falschen Reihe angestellt hat und nun direkt nochmal seine Geduld proben kann. Nach 2 weiteren Busfahrten sind wir endlich am Ziel. Na eine kleine Überraschung gab es für uns noch. Der uns als beschaulich und ruhig angekündigte Ort war völlig verstopft. Hektik und wildes Gehupe, machen schon mal einen super Eindruck. Dazu kommt, dass alle Unterkünfte ausgebucht sind. Nach einer nicht enden wollenden Odyssee landen wir schließlich in einem Hostel auf dem Sofa im Gemeinschaftsraum. Als sich die Geschichte 2 Tage später wiederholt, weil wir nicht mal mehr auf dem Sofa schlafen dürfen, beschließen wir den Sieg der Tourismusreduzierungstruppen anzuerkennen und nach Costa Rica zurück zu kehren. Die folgenden Tage sind dann wieder von Entspannung, Strand und Gemütlichkeit geprägt. Abschließend noch ein paar Worte zu meinen allgemeinen Impressionen. Besonders Costa Rica ist ein Land der Touristischen Gegensätze. Auf der einen Seite gibt es die Nationalparks und traumhafte Natur zu erkunden. Schnell trifft man auf Gleichgesinnte und es herrscht eine tolle Atmosphäre. Rücksicht und Höflichkeit bestimmen das Bild und das Durchschnittsalter der Reisenden liegt in den hohen Zwanzigern. Auf der anderen Seite gibt es ein paar ausgesuchte Städte, in denen der Partytourismus wütet. Diese Orte verkommen zum Ballermann der Individualtouristen und ziehen eine Horde junger Leute an, die im Schnitt grad 19 sind und von ihren offensichtlich wohlhabenden Eltern zu einer grauen Masse, absolut rücksichtsloser, identitätsloser Saufbolde geformt wurden. Seinen mäßig braun gebrannten Surferbody, den im Sand posenden Püppchen zu präsentieren, steht klar über Naturerkundung und Kommunikation untereinander und zu nicht in der Gruppe reisenden. „Natur ist langweilig, man sieht ja nicht viel“. Ich finde diese Entwicklung traurig, alles was nicht in konsumgerechten Portionen, wie von zu Hause gewohnt, direkt zum Schnabel geführt wird ist uninteressant. Zum Glück geht es auch anders und mit der Überquerung der Grenze zu Nicaragua ticken die Uhren wieder anders. Dazu mehr in Kürze.
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