Mexico on a budget

Den Süden Mexikos habe ich bereits im Zuge meiner Agenda 2010 abgearbeitet. Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich jedoch nicht so eine schicke Plastikarte in der Tasche, die mich zu diversen Unterwasserabenteuern zulässt. Die Gegend um Tulum ist für die kilometerlangen Cenotensysteme bekannt. Glasklares Wasser, durch Löcher in der Decke einfallendes Sonnenlicht und das uns allen bekannte Bild von Stalagmiten und Stalaktiten, die in die leuchtensten Blautöne getaucht sind, sorgen trotz Tauchequipment für ein Gefühl der Atemlosigkeit. Da mir diese Farbgestaltung so gut gefallen hat, bin ich direkt mal zum Strand geradelt und habe die dortigen Ruinen besucht. Da haben die Maya sich für die Beste Lage entscheiden als sie diese Stadt gebaut haben. Türkieses Wasser, schneeweißer Sand und ein paar freundlich im Wind rauschenden Palmen perfektionieren das Bild, was jeder von uns im Kopf hat, wenn er KARIBIK hört.

Weiter geht es in einer sehr kurzweiligen Busfahrt nach Mexiko City. Von den 25 Stunden habe ich erstaunlicherweise 17 geschlafen. Die Stadt hat mich ebenso überrascht, wie mein vorheriges Murmeltierdasein. Entweder lag es daran, dass meine Refenzerlebnisse der letzten Wochen eine gute Vorbereitung auf die Stadt waren, oder dass die vorherigen Berichte wie so oft völlig übertrieben waren. Also ich war von der Ordentlichkeit und Sauberkeit der Stadt einfach begeistert. Die Vielfalt an Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten ist erschlagend.

Mit einem kurzen Zwischenstopp in Guadalajara geht es weiter nach Mazatlan. Dort habe ich einen mehrtägigen Stopp in einem Hostel eingelegt, was einem direkt ein familiäres Gefühl vermittelt hat. Mit Abstand das Beste, was ich je besucht habe. Auch die Stadt, ich hatte eine einfache Hafenstadt mit den zugehörigen abgewrackten Straßen und Hafenbars erwartet, hat mich sehr positiv überrascht. Sauber ordentlich und eine unendliche Strandpromenade mit traumhaften Sonnenuntergangsimpressionen. Der eigentliche Grund meines Besuches war jedoch die von dort ablegende Fähre auf die Baja California. Eine echt schöne Überfahrt, die immer wieder von Delphinen eskortiert wurde, sich jedoch aufgrund einer schlaflosen Nacht extrem zog. Ein kleines Kind hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die zahlreich vorhandenen Fahrgäste mit einem ohrenbetäubenden Geschrei wach zu halten. Erstaunlicher Weise hat das keinen wirklich gestört, außer den verschrobenen Deutschen in der ersten Reihe.

Diese Fährüberfahrt endete in La Paz, einem schönen Städtchen, dass von den Zahlreichen amerikanischen Touristen in ein übergroßes Resort verwandelt wurde. Selbst die Letzte Absteige sollte ein heiden Geld kosten. Da ich nicht bereit war für verschimmelte Badezimmer und durchgelegene Betten meine letzten Pesos zu investieren bin ich dem Rat der einheimischen gefolgt und direkt mal nach Cabo San Lucas durchgestartet. Ich frage mich, warum speziell die lieben Amerikaner dazu neigen, sich ihre Urlaubsorte so zu gestalten, wie die nur zu wohl vertraute Heimat. Der Grund des Reisens scheint wohl nicht die Entdeckung neuer Kulturen zu sein. Wie Zähne in einem perfekt gerichteten und gebleichten amerikanischen Standardgebiss, reihen sich die Hotels und Resorts aneinander. Einzige Unebenheit war der Yachthafen mit angrenzender Shopping und Vergnügungsmeile. Es ist schon irgendwie vermessen, dass die lieben Bürger der vereinigten arroganten Staaten hier her kommen und alles das erwarten, was in ihrem spießigen texanischen Heimatörtchen verboten ist. Prostitution und Drogenhandel florieren und da das allgemeine Preisgefüge, wohl eher den mit einer prallen Pension gefüllten Neurentner anlockt, haben die Apotheken auch direkt die vielfältig benötigten Hilfsmittel parat, die für die Nutzung dieser Dienstleistungen benötigt werden. An fast jedem dieser Geschäfte preist ein riesen Schild die preiswerte Erwerbsmöglichkeit von Viagra und Diätpillen an. Das preiswerteste Hotel, was ich nach langem Suchen finden konnte, hätte mich für 50 Dollar untergebracht.
Ich glaube ich hole an der Stelle mal etwas aus und berichte ein wenig über ein nun seit einigen Wochen vorherrschendes Liquiditätsproblem meiner Geldbörse. In weiser Voraussicht habe ich meinen Trip mit 4 Geldquellen begonnen. Bargeld, 2 Kreditkarten und meiner EC Karte. Kreditkarte Nr. 1 fällt aus, da die liebe Kreditkartengesellschaft, soweit man dem Gebrabbel Glauben schenken darf, die Karte aus Sicherheitsgründen ersetzt hat, eine Reaktivierung ist nicht möglich. Ich lasse das ganze mal unkommentiert und wende mich der zweiten Karte zu. Also, diese versagte mir ihren Service aufgrund ihres wahnsinnig ausgedehnten Verfügungsrahmen und der Bezahlung des Fährtickets. Einzahlungen werden nur mit einer unglaublich langen Verarbeitungszeit für die Bargeldversorgung bereitgestellt. Also viel auch diese Geldquelle flach. Dritte Möglichkeit war meine EC Karte, die Im Dezember letzten Jahres abgelaufen ist und somit auch auf keine übermäßige Akzeptanz stößt. Letzte Quelle, Bargeld, ist ebenfalls der Sahara gleichend. Mit umgerechnet 100 € habe ich also die nächsten Tage zu überbrücken. Mein Verstand riet mir daher von einer Ausgabe von 50% meines Budgets für eine einzelne Hotelübernachtung ab. Mein Pilgerweg führte mich in diverse Massagepraxen, die mir jedoch ihre Knetunterlagen, zur Übernachtung, alle nicht zur Verfügung stellen wollten. Letzter Anker war das Büro eines Immobilienmaklers, der einen Straus von Luxuswohnungen im Angebot hatte. Entgegen jeder Vermutung ließ er mich in seinem Gästezimmer übernachten. Ein echt cooler Typ. Den Tag über habe ich mich dann in der Stadt umgesehen und mir ein Bild der Lage gemacht. Dann, bewaffnet mit einem liebevoll gestalteten Schild, habe ich mich an die Straße, zurück nach La Paz gestellt und versucht eben diesen Ort zu erreichen. Nach 4 Stunden winkenden Amerikanern in ihren Luxusschlitten habe ich genug und nehme doch den Bus. Am nächsten Morgen versuche ich mich wieder an der preiswerten Fortbewegungsmethode und dieses Mal funktioniert es besser. Ein freundlicher Brummifahrer liest mich auf. An die religiösen Bildchen in den Fahrzeugen habe ich mich ja bereits gewöhnt, aber dieses Mal war ich dezent überrascht. Das ganze Cockpit war zugepflastert mit Heiligenbildchen, auf denen der Sensenmann zu sehen war. Kaum war ich eingestiegen, wurde dieser auch direkt angebetet, „schau was ich feines für dich gefunden habe“. Glücklicherweise scheine ich nicht so sein Fall gewesen zu sein und durfte das Fahrzeug lebend wieder verlassen. Nächste Mitfahrgelegenheit war ein mit einer mexikanischen Familie überfüllter Wagen. Diese haben mich entgegen meiner ursprünglichen Planung zum Walbeobachten geschleppt. Das war einfach super und erstaunlich wie viele dieser friedlichen Riesen mit ihren Jungtieren dort zu finden waren. Zusätzlich durfte ich dann noch bei der Familie auf dem Sofa übernachten. Am nächsten Morgen ging die wilde Fahrt dann in einem LKW der Post weiter. Am Steuer zwei völlig abgedrehte Mexikaner, die unbedingt Countrymusik hören wollten. Mein Musikrepertoire ist sicher sehr umfangreich, aber das einzige was diesem Wunsch nahe kam, waren die Covertitel von The Bosshoss. Ihr könnt Euch nicht vorstellen wie die beiden dort über Stunden gefeiert haben. Eine großartige Zeit endete dann in einem Wüstenort, der wiederrum mit teuren Unterkünften vollgestopft war. Die Abgeschiedene Lage trieb die Einnahmevorstellungen der dortigen Hotelbetreiber in galaktische Höhen. Wer von Euch schon den Überblick verloren hat, dem sei gesagt, dass ich inzwischen 3 Tage weiter bin. Die 100€ sind in der wohligen Wärme zu 20 zusammengeschmolzen. Karten funktionieren immer noch nicht und so ende ich in einem Gartenbaucenter im Schuppen ohne Licht und fließend Wasser auf einer Matratze, die ihre Blütezeit um die vorletzte Jahrhundertwende hatte. Am nächsten Morgen habe ich mich dann auf dem Weg zurück zur Schnellstraße Richtung Norden gemacht und in unangenehmster Weise vor Augen geführt bekommen, wie sehr bereitwillig die Wüste die wohlige Wärme des Tages, in der Nacht abwirft. Die 4 Grad wären für Euch sicher schon ein Hoffnungsschimmer gewesen, aber mir war in Shorts und T-Shirt doch irgendwie kalt. In einer kleinen Kapelle fand ich Zuflucht und habe dort, neben Kerzen gekauert abgewartet, bis die Sonne sich wieder über den Horizont gewagt hat. Diese und meine Jacke haben mich für den bevorstehenden 10 Km Marsch gewappnet. Mit meinen 20 Kg Gepäck habe ich mich somit direkt für den Eintritt in das Militärbataillon qualifiziert, das die Straße überwacht, wohin ich unterwegs war. Einen Haken gab es an dieser Straße jedoch, sie wurde kaum genutzt und in fast 3 Stunden kamen genau 2 LKW an mir vorbei, aus deren Führerhaus mir schadenfrohe Fahrer entgegenwinkten. Das dritte größere Fahrzeug was mich passierte war der Bus nach Tijuana. Ok, Vernunft walten lassen und rein da! Ja ich hatte noch immer kein Geld abheben können, was dises Aktion zu einem Glücksspiel machte. Zu behaupten, dass ich im nächsten größeren Ort Geld abgeben werde und dann meine Schuld begleiche, war schon mutig. Bei der Geldabhebung hatte ich schon angst einen technischen Kurzschluss zu verursachen, so war ich am schwitzen. Aber glücklicherweise fing die Kiste genüsslich an zu schnurren und spuckte 200 Dollar aus, mehr war auch hier beim besten Willen nicht zu bekommen.

Dann war sie erreicht, die Grenze zu den USA. Alles was ihr je über Tijuana gehört habt, ist wahr und noch viel schlimmer. Interessant das mal gesehen zu haben, aber ich war auch echt froh am nächsten Morgen meine Tasche zu packen und mich auf den Fußweg zur Grenze zu machen. Ich habe die Grenze der USA nun schon diverse Male überquert, aber dieses Mal hat wirklich alles übertroffen. So viel Arroganz, Unfreundlichkeit und Blödheit ist mir selten begegnet. Zuerst hatte die Dame wohl noch nie einen derart gefüllten Pass gesehen und cleverer Weise bemerkt, dass ich seit meinem letzten Besuch der USA nicht zu Hause war. Das ist jedoch ihrer Meinung nach die Grundvoraussetzung für ein neues Visum. Meinen Kommentar, dass ich die USA gern besuche, aber dafür nicht erst einen kostspieligen Flug nach Hause buchen möchte, fand sie überhaupt nicht witzig. Das ganze schaukelte sich extrem hoch und wurde echt laut in dem Einreisebüro. Völlig ausgerastet ist sie dann, als ich sie auf das Schild vor der Tür hingewiesen habe: „We are the face oft he nation“ Ich habe sie gefragt, ob sie schon mal Werbung im Fernsehen gesehen hat, wo mit Scheiße für Nahrungsmittel geworben wird. Das war dann auch der Punkt, wo ihre Kollegen unsere von Unmut geschwängerte Konversation unterbrochen haben. Glücklicherweise hatte, diese Einwanderungsamöbe schon den Stempel in meinen Pass gedrückt. Willkommen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten…


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